Die japanische Bezeichnung für Fest, Feierlichkeit matsuri nimmt Bezug auf eine Vielzahl religiöser sowie weltlicher Feiern. Auch staatliche Feiertage werden teilweise dazu gezählt. Der Begriff matsuri entstammt shintoistischer Tradition wird aber auch für buddhistische Feste angewendet. Mit der japanischen Urreligion Shinto („Weg der Götter“) ist eine Fülle von Gottheiten (kami) und Ahnengeistern (ujigami) verbunden, die vorzugsweise dem ländlichen Raum entstammen. Sie repräsentieren u.a. Naturphänomene, wie etwa Sonne, Regen und Sturm. Sie bringen dem Menschen Glück aber auch Verderben, etwa durch Erdbeben, Taifune oder Seuchen. Es ist deshalb von Vorteil, sie günstig zu stimmen.
Eine Liste der wichtigsten Matsuri finden Sie auf unserer englischsprachigen Seite.
Matsuris sind meistens mit einem Schrein oder einer Ortschaft verbunden, weisen also oft regionale Eigenheiten auf. In zumeist jährlichem Turnus finden überall in Japan Schreinfeste statt, zu denen man die Ahnen und Gottheiten einlädt, um sie mit Gebeten, Speisen und Tanz zu unterhalten. Dank für gute Ernten, Bitten für Fruchtbarkeit und Gesundheit sowie Rituale zur Schadensabwehr stehen im Mittelpunkt der Feiern. Die eingeladene Gottheit wird nach vorausgehender, kultischer Reinigung, durch Gebete und Opfergaben zur Einkehr in die „Göttersänfte“ (mikoshi) bewegt. Dort bewirtet man sie u.a. mit Reise, Früchten, Gemüsen, Fisch und Sake. Darüberhinaus dienen Kulttänze (kagura), Musik und Sportwettkämpfe (u.a. Tauziehen, Ringen, Bogenschießen) zu ihrer Unterhaltung.
Ein Höhepunkt der Feierlichkeiten besteht im Herumtragen des „Götterlaibs“ (shintai) auf dem Schreingelände. Zumeist junge Männer (aber auch Frauen) schultern die Schreinsänfte, die oft mehrere Meter hoch, reich verziert und dementsprechend schwer ist. Begleitet wird der Umzug von den religiösen Würdenträgern, Musikern und weiteren bunt geschmückten Festwagen. Zurück im Schreingebäude nimmt das matsuri Formen eines fröhlichen Volksfestes an. Zahlreiche Stände bieten u.a. Hühnerspießchen, Maiskolben, Goldfische und Süßigkeiten an. Höfische aber auch bäuerliche Schaukünste werden aufgeführt, wozu u.a. auch Löwen- und Kranichtänze gehören. Der Reiswein kreist. Es wird viel gelacht. Götter und Ahnengeister sollen sich schließlich wie zu Hause fühlen. Das matsuri endet mit Gebeten und einem Kultmahl, das Priesterschaft und Gemeinde mit der Gottheit symbolisch vereinigt. Daraufhin verabschiedet man die Gottheit mit dem sicheren Wissen fürs körperlich sowie seelische Heil das Menschenmögliche getan zu haben.
Ein Beispiel unter Tausenden ist das berühmte Gion-matsuri, das vom 14. – 17. Juli im alten Geisha Viertel Kyotos rund um den Yasaka Schrein (früher Gion- Schrein) stattfindet. Das Fest, dessen Wurzeln bis in die Heian-Zeit (794-1185) reichen, dient der Besänftigung der zürnenden Seuchen-Gottheit, gozu-tenno. Die eben erwähnten Festteile wie Reinigung, Herbeirufen, Umzug, Opfer und Unterhaltung der Gottheit sind auch in diesem Fest präsent. Besonders der Umzug mit dem Götterschrein und den ihm folgenden riesigen, reich dekorierten Festwagen zieht jährlich eine unüberschaubare Menge heimischer sowie ausländischer Besucher an. Neben dieser Feier zur Schadensabwehr kündet eine Vielzahl weiterer matsuri von der bodenständigen Lebensfreude der Japaner. Zu nennen ist hier u.a. das Tagata-Honen-Sai-Fest in der Stadt Nagoya, das am 15. März stattfindet. Zahlreiche hölzerne Phalli in zum Teil enormer Größe werden in Umzügen gezeigt. Dieses an frühzeitliche Fruchtbarkeitskulte erinnernde matsuri findet seine freudvolle Entsprechung im Ogata-Schrein (ebenfalls Nagoya), der dem weiblichen Geschlechtsorgan mit Exponaten, die an Deutlichkeit nichts auslassen, verpflichtet ist.
Auch Feste die keinen religiösen Bezug haben, zählen zur matsuri-Familie. Ein Beispiel dafür ist das in der Stadt Aomori im Norden Japans vom 2. – 7. August stattfindende Nebuta-matsuri. Höhepunkt der Feierlichkeiten um den historischen Sieg des Feldherrn Tamura Maro über die rebellischen Eindringlinge (Ainu) aus Hokkaido ist eine abendliche Parade von riesigen, illuminierter Papiermaché-Figuren, die Kriegshelden, Tiere und Dämonen darstellen. Mit ihnen soll der General damals die Feinde aufgeschreckt und vertrieben haben. Ebenfalls als matsuri wird das berühmte Schneefest von Sapporo (yuki-matsuri) vom 5. – 11. Februar bezeichnet. Entlang der Hauptstraße und im angrenzenden Odori-Park erschaffen gewaltige, aus Eis und Schnee nachgebaute Monumente sowie Skulpturen diverser Märchen und Comicgestalten eine zauberhafte Szenerie eisiger Unwirklichkeit. Die Götter sind hier den Exponaten moderner Medienwelt gewichen und manche matsuri-Paraden nehmen mehr und mehr die Gestalt moderner love-parades an.
Zu den landesweiten offiziellen und inoffiziellen Feiertagen hat u.a. das „Kinder- (bzw. Knaben-) Fest (kodomo no hi) am 5. Mai matsuri-ähnlichen Charakter, beinhaltet es zu einem einen Schreinbesuch nebst Feier und zum anderen das Anbringen von Karpfenwimpeln auf dem Haus, um den Mut und den Behauptungswillen des Stammhalters zu dokumentieren. Außerordentlicher Beliebtheit erfreut sich auch das Sternenfest Tanabata, das man am 7. Juli feiert. An diesem Tag treffen die Sterne Altair und Vega in der Milchstraße aufeinander. Beide überlagern bzw. “ lieben“ sich bis sie erneut auseinander treiben, um sich erst nach einem Jahr wiederzufinden. Die Feier geht auf eine alte chinesische Überleiferung zurück, nach der die Sterne ein an den Himmel verbanntes Liebespaar sind, die sonst durch den Fluß der Milchstraße getrennt nur einmal im Jahr zueinander finden können. Bekräftigung von Liebe und Treue lassen an diesem Tag viele Japaner zusammenkommen, um mit ein, zwei Gläsern Sake oder Bier auf das Sternenvorbild anzustoßen. Und wer sich gar in dieser Nacht verliebt, dem steht die Göttin der Liebe (benten) zur Seite, womit auch dieses matsuri seinen freudig sakralen Bezug beibehält.

